Etwa 300 Tonnen flüssiges Glas werden bei der Gerresheimer Essen GmbH pro Tag zu Flaschen und Fläschchen für die Getränke-, Kosmetik- und Pharmaindustrie verarbeitet. Pro Jahr verlassen 1,2 Milliarden Stück das Werk.
Glasherstellung ist ein energieintensiver und komplexer Prozess. Alles beginnt im Steuerstand der Produktionshalle. Mit hochmoderner Technik werden die beiden Schmelzwannen computergesteuert und überwacht. Bei ca. 1500 Grad verschmelzen darin, nach verschiedensten Rezepturen, Sand, Kalk und weitere Zutaten zu einer orangeglühenden Flüssigkeit. Eigentlich schmilzt Sand erst ab 1900 Grad, aber dann würde auch die Innenverkleidung der Schmelzwanne zerfließen, daher mischt man Soda dazu und senkt damit den Schmelzpunkt auf 1500 Grad.
Was 1500 Grad bedeuten, merkt man schlagartig beim Betreten der Produktionshalle. Es ist heiß und laut. Die riesigen Produktionsanlagen präsentieren sich als ein mehrgeschossiges Gewirr aus stählernen Rohren, Kesseln, Kolben, Förderbändern und Treppen. Es sind acht ausgeklügelte Produktionslinien für diverse Behältnisse aus Weiß- und Braunglas.
Wie leuchtende Geschosse fallen die Glastropfen aus der Schmelze eine Etage tiefer in ihre Formen, bevor sie, immer noch glühend, als fast fertige Flaschen auf ein Förderband geschoben werden und die Reise zum nächsten Produktionsschritt, der behutsamen Abkühlung, antreten.
Abkühlung wünscht man auch den Arbeitern die mit schweißglänzenden Gesichtern in der Produktion im Schichtbetrieb arbeiten. Schwitzen ist hier keine Schande, denn es herrschen auch an Wintertagen sommerliche 33 Grad Lufttemperatur. Getränke gibt es kostenlos. Es dröhnt, zischt und rattert an allen Ecken und Enden.
Die Halle ist ein Lärmbereich. Ohne Gehörschutz läuft hier niemand rum. Werksfremde werden von nahezu jedem Mitarbeiter reflexartig von oben bis unten gemustert, denn auch Besucher werden mit Sicherheitsschuhen, Gehörschutz und flammhemmendem Kittel ausgestattet, müssen Schmuck und Taschen zurücklassen.
Und wehe, es steht mal jemand in Straßenschuhen da. Er würde sofort angesprochen, denn die Sicherheitskultur wird hier vorbildlich gelebt.
Im nächsten Werksabschnitt geht es leiser zu. Vor allem das sanfte Klirren und Klickern der fertigen Flaschen ist zu hören. Hier wandern sie über scheinbar endlose Transportbänder, durchlaufen die Qualitätskontrolle und werden schließlich vollautomatisch verpackt.
Eingezäunt in einem Käfig verrichtet ein Verpackungsroboter seinen unermüdlichen Dienst für die speziellen Wünsche eines Spirituosenherstellers.
Hier wachen die Mitarbeiter über das fabrikneue Flaschenmeer und die automatisierten Prozesse.
„Langsam, langsam!“ ruft Heinz-Werner Masek besorgt, als eine Mitarbeiterin über eine Treppe hastet, um einen Flaschenstau zu beseitigen.
Nicht etwa Verbrennungen, sondern Stolper- und Sturzunfälle führen die interne Unfallstatistik an. 10 Arbeitsunfälle zählte Gerresheimer Essen im Jahr 2015. Angesichts von fast 400 Mitarbeitern und einer stattlichen Anzahl von Gefährdungen ein guter Wert. „Wir liegen unter dem Schnitt der BG und auch unter dem Schnitt der Industrie“, erklärt Masek, der als Sicherheitsfachkraft für alle deutschen Standorte zuständig ist, „früher hatten wir um die 70 Unfälle pro Jahr.” Es war seine Idee, ein Arbeitsschutz-Managementsystem bei Gerresheimer einzuführen. „Mir ist immer wieder aufgefallen, dass es Probleme gab, wenn ich in anderen Werken war und bestimmte Dokumente sehen wollte. Dann ging die Sucherei los. Da habe ich gesagt, das kann so nicht sein. Das müssen wir regeln.“
Damit lief er beim Geschäftsführer am Standort Essen offene Türen ein. Dr. Jürgen Unruh kommt aus dem Bergbau und misst dem Arbeitsschutz höchste Priorität bei. Auch die Standorte in Lohr und Tettau erkannten die Vorteile eines AMS und entschlossen sich ebenfalls zur Einführung. Man setzte sich zusammen, tauschte Dokumente aus und entschied sich, eine einheitliche Software einzusetzen, die helfen sollte, den Arbeitsschutz zu systematisieren.
Die Wahl fiel auf AUDITOR plus.
Systematische Unterweisung
Das wichtigste Mittel zur Unfallverhütung ist die Unterweisung. Bei Gerresheimer in Essen kommen diverse Pflichtunterweisungen auf jeden der 400 Mitarbeiter. Hinzu kommen Sicherheitsunterweisungen und spezifische Schulungen. In der Summe kommen so mehrere tausend Unterweisungen pro Jahr zusammen, die teilnehmergenau dokumentiert werden müssen. Die Unterweisungsleitfäden hat Heinz-Werner Masek in AUDITOR plus hinterlegt, wo sie von den Vorgesetzten abgerufen und für die Unterweisungen genutzt werden. Einmal eingestellt, automatisiert AUDITOR plus die Termine aller Unterweisungen auf den Mitarbeiter genau.
Die Teilnehmerliste lässt sich mit ein paar Klicks aus dem Programm drucken und die Teilnehmer bestätigen ihre Anwesenheit per Unterschrift. Fehlt jemand bei der Unterweisung, fällt das sofort auf. Offene Unterweisungen sind in der Software auf einen Blick ersichtlich, außerdem wacht die Geschäftsleitung mit über das Geschehen und erhält, genau wie die Hauptabteilungsleiter, automatisch eine E-Mail vom System, wenn Unterweisungstermine nicht eingehalten werden.
Passiert ein Unfall, nutzt die Abteilung Arbeitssicherheit das Modul Unfallbearbeitung. Vor allem die Maßnahmenverfolgung ist hier ein nützliches Instrument zur Bekämpfung von Unfallursachen. Die Module Gefährdungsbeurteilung und Arbeitsmittel gewinnen aufgrund der neuen Betriebssicherheitsverordnung gerade besonders an Bedeutung, da sämtliche Arbeitsmittel erfasst und die Gefährdungsbeurteilungen für die Maschinen neu geschrieben werden müssen. Dass sich hinter dem Modul Dokumente ein funktionaler Dokumentenmanager verbirgt, macht die Bereitstellung von verschiedensten Unterlagen an unterschiedliche Interessensgruppen einfach. Ob Baupläne für die Schmelzwanne, Begehungsberichte, Protokolle der Sitzungen vom Arbeitsschutz-Ausschuss, das Sicherheitshandbuch oder der Notfallplan. Auf die Frage nach dem größten Vorteil, den AUDITOR plus bietet antwortet Masek:
„Man hat alles systematisch geordnet.“
Erfolgreiche Zertifizierung
Die Ordnung gefiel auch dem Auditor der BG besonders gut, der im Januar 2014 den Standort Essen genauer unter die Lupe nahm. Vor allem die Systematisierung der Unterweisungen war ein großer Pluspunkt. Er ließ sich aber auch die unterschriebenen Teilnehmerlisten zeigen und befragte zwei Leiharbeiter, ob sie unterwiesen seien und ihre Teilnahme per Unterschrift bestätigen mussten. Die beiden waren, wie alle anderen Mitarbeiter auch, unterwiesen und konnten guten Gewissens mit „Ja“ antworten.
Nach einem zweitägigen Audit, in dem das Werk unter anderem gemäß dem „DGUV-Verfahrensgrundsatz für Arbeitsschutzmanagementsysteme (AMS)“ begutachtet wurde, erhielt die Gerresheimer Essen GmbH schließlich für ihr AMS das begehrte Zertifikat der VBG „AMS – Arbeitsschutz mit System“. Es erfüllt damit auch die Anforderungen der OHSAS 18001. Die Standorte Lohr und Tettau waren bereits einen Monat zuvor erfolgreich zertifiziert worden. „Das Programm hat uns bei der Zertifizierung sehr geholfen. Wir mussten nichts suchen, wir wussten, wo alles steht und konnten sämtliche Dokumente vorweisen“ fasst Heinz-Werner Masek zusammen. Die Rezertifizierung im Jahr 2017 muss man bei Gerresheimer in Essen nicht fürchten.
Interview mit Heinz-Werner Masek
Inwieweit war AUDITOR plus bei der Zertifizierung hilfreich?
Heinz-Werner Masek: Besonders gefallen hat der BG, dass die Unterweisungen alle hinterlegt sind und strukturiert abgehalten wurden. Dass man eine Übersicht hat, wer nicht dran teilgenommen hat. Früher ist das oft durchgegangen, wenn mal einer gefehlt hat. Das ist heute nicht mehr möglich, der taucht dann bei den offenen Unterweisungen auf. Das Gefahrstoffverzeichnis finden die auch ganz prima. Und die Unfallbearbeitung. Das Programm macht für die BG auch vieles einfacher bei der Zertifizierung. Früher flogen die Schränke auf und die haben einen Stapel Ordner vorgelegt bekommen.
Worin liegen für Sie die wesentlichen Vorteile der Software?
Heinz-Werner Masek: Wir sehen AUDITOR plus als Plattform nicht nur für den Arbeitsschutz. Wir haben auch andere Sachen integriert, speziell was Schulungen anbelangt. Nicht nur Sicherheitsschulungen, sondern die wichtigsten Schulungen, die wir hier im Haus durchführen, sind darin hinterlegt und dokumentiert. Der Auditor von der DQS, der uns zurzeit nach ISO 9001 zertifiziert, legt sehr viel Wert auf das Programm, weil er da sehen kann, dass die Schulungen alle durchgeführt worden sind. Er lässt sich anhand der Software zeigen, wie weit wir sind.
Was hat sich durch den Einsatz von AUDITOR plus geändert?
Heinz-Werner Masek: Viele Sachen macht es einfacher. Die Sucherei hat ein Ende, denn alle wissen, wo die entsprechenden Dokumente liegen. Die Vorgesetzten können besser in die Verantwortung genommen werden. Wir haben jetzt auch einen Überblick, wer hat wann unterwiesen, wo ist noch was offen, wo müssen wir nachhaken. Vor allem durch die regelmäßigen Unterweisungen konnten wir die Unfallzahlen deutlich senken.
Welche Hürden waren bei der Einführung zu überwinden?
Heinz-Werner Masek: Man muss die Leute natürlich intern schulen und auch immer wieder mal nachschulen. Bei uns kam erschwerend hinzu, dass viele die Arbeit mit dem Computer gar nicht gewöhnt waren. Da wurde ja noch alles manuell erfasst. Die Einführung neuer Techniken ist nun mal oft mit Anlaufschwierigkeiten verbunden. Aber jetzt läuft es. Unser Geschäftsführer legt großen Wert auf Arbeitssicherheit und Qualität. Da haben wir einen Riesenvorteil, denn das macht vieles einfacher für uns. Bei vielen Sachen sind wir hier in Essen Vorreiter.
Haben Sie einen Leitsatz?
Heinz-Werner Masek: Unser Leitsatz lautet: GLAS – Gesund, leistungsfähig, aktiv und sicher. Wir haben ein Gesundheitsteam. Da findet einmal im Jahr ein Gesundheitstag statt. Wir haben eine Rückenschule integriert, die gut genutzt wird. Dieses Rückentraining ist während der Arbeitszeit. Und wir haben ein Sicherheitsteam, die machen Notfallplanung. Es gibt hier natürlich viele, viele Sachen, die passieren könnten und dafür müssen wir ein Notfallmanagement haben. Den Notfallplan haben wir übrigens auch im Dokumentenmanager von AUDITOR plus hinterlegt.
über Gerresheimer:
Die Gerresheimer Essen GmbH gehört zur Gerresheimer Gruppe. Gerresheimer ist ein weltweit führender Partner der Pharma- und Healthcare-Industrie mit Sitz in Düsseldorf. In über 40 Werken in Europa, Nord- und Süd-Amerika und Asien produziert die Unternehmensgruppe mit 11.000 Mitarbeitern Spezialprodukte aus Glas und Kunststoff. 2014 erwirtschaftete Gerresheimer weltweit einen Umsatz von rund 1,3 Milliarden Euro. Das Angebotsspektrum umfasst pharmazeutische Verpackungen sowie Produkte zur einfachen und sicheren Verabreichung von Medikamenten: Insulin-Pens, Inhalatoren, vorfüllbare Spritzen, Injektionsfläschchen, Ampullen, Flaschen und Behältnisse für flüssige und feste Medikamente mit Verschluss- und Sicherheitssystemen sowie Verpackungen für die Kosmetikindustrie und Flaschen für die Lebensmittelindustrie.